Diashow Remstäler stürmen mit Schneeschuhen auf's Sustenhorn
16.04. – 19.04.2009
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Ein schwäbisch - remstäler Team (zwei der Sektion Schwaben und zwei der Sektion Stuttgart, Bezirksgruppe Remstal) war vom 16. – 19. April zu Frühjahrshochtouren in der Zentralschweiz unterwegs. Frühjahr war es jedoch nur kalendarisch, gefühlt war eher der Winter zurückgekehrt. Das Gebiet um den Sustenpass lässt sich wettertechnisch nicht so einfach zuordnen, da es fast im Schnittpunkt der drei großen Schweizer Wetterregionen 'Nordschweiz, Westschweiz und Südschweiz' liegt. Man hat also meist die Qual der Wahl für welches 'Wetter' man sich 'entscheidet'. In unserem Fall war es aber nicht so problematisch, denn es war für alle drei Gebiete unbeständig, erst mild, kurz kälter, dann wieder mild, gemeldet.

Donnerstag 16.4.2009
Das Wetter sorgte schon beim Zustieg zur Tierberglihütte (2795 m) für erste kleine Probleme. Die Passstraße war bis Feldmoos (1600 m) befahrbar. Das Stück von dort zum Hotel Steingletscher (1865 m) führt durch fünf teils noch schneegefüllte Straßentunnel. Ein nettes und ungewohntes Erlebnis. Problematisch war jedoch aufgrund der milden Temperaturen das Gelände zwischen den Tunnels, denn es war tageszeitabhängig von Nassschneelawinen bedroht. Also half nur: früh und schnell durch.
Ab dem Hotel Steingletscher geht es dann im Winter nicht auf dem Sommerweg weiter zur Hütte, sondern über den gesamten Steingletscher. Ein beeindruckender, hochalpiner Hüttenzustieg stand also bevor. Zu alledem wurde nun die Sicht durch Nebel und Schneeschauer schlechter, was nicht unbedingt förderlich war für die Wegfindung durch die Eisbrüche. Unter diesen Bedingungen braucht mal schnell länger als die angegebenen 4 Stunden zur Hütte. Wir waren 5,5 Stunden unterwegs, als wir endlich auf der Tierberglihütte ankamen. Die Hütte war halb gefüllt und gleich fiel die sehr angenehme und freundliche Atmosphäre dort, geprägt durch die Hüttenwarte Heiri und Helen, auf. Besonders froh waren wir, dass man nachts die Toilette in der Hütte benutzen durfte und nicht die am Felsabbruch stehenden Plumpsklos aufsuchen muss. Zu ihnen führt ein langer, fast alpiner Weg, der nur mit den 'Spezialschuhen' der Hütte sicher zu bewältigen ist – vor Schlappen sei ausdrücklich gewarnt.

Freitag 17.4.2009
Es hatte die ganze Nacht durch geschneit und gestürmt. Vor der Hütte lagen ca. 20 cm Neuschnee, in eingewehten Mulden bis 50 cm Triebschnee. Die Sicht war schlecht. Wir entschieden uns auf den Vorderen Tierberg (3091 m) zu gehen. Eigene Geländekenntnisse hatten wir keine, da seit unserer Ankunft auf der Hütte die Sichtverhältnisse unverändert schlecht waren. Also erfolgte die Tourenplanung ausschließlich per Karte und GPS. Das Kunststück liegt darin weit genug von den rechten Eisabbrüchen wegzubleiben, gleichzeitig nicht zu nahe an die im linken Hang befindlichen großen Spalten heraufzusteigen und letztendlich ein knapp 10 m breites Gletscherstück zu treffen, das den Zugang zum Gipfelhang bzw. -grat des Vorderen Tierberg ermöglicht. Um es gleich vorwegzunehmen, es gelang uns nicht. Aufgrund der schlechten Sicht landeten wir einige Meter zu hoch in der Spaltenzone. Bei teilweise nur 5 m Sicht bliesen wir zum Rückzug, durchstiegen noch den schönen Windkolk vor der Hütte, bevor wir uns zum Milchkaffe wieder in der Hütte einfanden. Doch das Glück sollte uns hold sein. Eine Gruppe französischer Skibergsteiger mit Bergführer brachen an diesem Tag die Besteigung des Sustenhorns ab, wollten aber trotzdem einen Gipfelerfolg haben. Also starteten sie nach kurzem Einkehrschwung in der Hütte zum Mittleren Tierberg (3311 m). Da ließen wir uns nicht lange Bitten und brachen eine halbe Stunde später ebenfalls dorthin auf. Orientieren konnten und mussten wir uns an der Franzosenspur, denn die Sicht war immer noch miserabel. Kurz vor der Chelenlücke kamen uns die Franzosen in der Abfahrt entgegen und der Bergführer wies uns noch auf einen Verhauer von ihm hin, der direkt vor einer großen Spalte endet und dessen Kenntnis uns einige Höhenmeter ersparte. Das fanden wir sehr fair von ihm. Kurz danach standen wir auf dem Gipfel des Mittleren Tierbergs (3311 m). Wir konnten sogar einen kurzen Blick auf den Westgrat des Gwächtenhorns erhaschen, dann zog es wieder zu und wir machten die Schneeschuhe scharf für den Abstieg, will heißen: Steighilfe raus. Kurz vor der Hütte fanden wir uns wieder in unserem Windkolk ein um noch den obligatorischen Gipfelprosecco zugenießen.

Samstag 19.04.2009
Endlich war Wetterbesserung angesagt. Sie schien sich Freitagabend und Samstagmorgen auch tatsächlich anzukündigen. Der Plan war also klar: nix wie rauf auf's Sustenhorn. Außer uns hatten an diesem Tag noch 8 - 10 Schweizer und ein Österreicher diese Idee. Wir schafften es bis zum Gipfel, der Österreicher (nebenbei bemerkt der Hüttenwirt der Bonn-Matreier-Hütte in der Venedigergruppe) konnte die Silbermedaille einfahren, er schaffte es bis ca. 3300 m. Für die Schweizer blieb mit ca. 3200 m nur die Bronzemedaille. Doch der Reihe nach.
Kaum stiegen wir zwischen den Seraks auf der linken Seite und der gelegentlich Eisschlag produzierenden Nordwand des Gwächtenhorns auf der rechten Seite Richtung Sustenlimi hoch, zog es auch schon wieder zu und schneite kräftig. Noch waren der Österreicher und die Schweizer vor uns, wir hatten also eine gute Spur. Bis 3200 m, da hieß es bei den Schweizer: "Felle runter" und: "Ihr habt heute bei dieser Sicht mehr Spaß mit euren Schneeschuhen, als wir mit den Skiern". Den Österreicher sahen wir kurz bei der Abfahrt, seine schon sehr verwehte Aufstiegsspur verlor sich dann auf ca. 3300m. Also wieder eigene Wegfindung mit Karte und GPS. Dieses Mal war der Ehrgeiz besonders groß, allerdings war auch Vorsicht geboten: links bestand die Gefahr in steile Flanken reinzugeraten und rechts ist der überwechtete Südgrat. Bei teils wieder nur 10 m Sicht war max. Konzentration und Umsicht gefordert. Etwa 50 Hm unter dem Gipfel stiegen wir etwas zu früh ganz auf den Grat hinauf, merkten diesen Verhauer aber schnell. 10 Minuten später standen wir dann auf dem Gipfel des Sustenhorns, bewunderten den Abraum am Gipfelkreuz und trugen uns ins Gipfelbuch ein. Doch was blendete uns mit einmal dort oben? Es war die Sonne! Die Wetterbesserung kam tatsächlich, nur etwas verspätetet. Wir hatten ab da eine wunderbare Aussicht, blauen Himmel und konnten nach der Rückkehr zur Hütte noch 2 Stunden lang vor selbiger die Sonne und die Gletscherwelt dort oben genießen.
An diesem Abend war die Hütte knall voll. U.a. waren 26 italienische Skibergsteiger mit Handys angekommen. Trotzdem ließen Heiri und Helen sich nicht aus der Ruhe bringen und erklärten auch dem Letzten gewohnt freundlich, dass er bitte den Schnee an seinen Klamotten im Vorraum abschütteln solle. Erwähnenswert ist noch das hervorragende Thai-Curry, das es an diesem Abend gab. Bei Tierbergliwein verbrachten wir mit Wolfgang (dem österreichischen Skibergsteiger und Hüttenwirt) und drei netten Schweizer Jungs einen lustigen Abend. Hierbei wurde uns auch die neue Übersetzung des Kürzels der Schweizer Großbank UBS mitgeteilt: "United Bandits of Switzerland".

Sonntag 20.04.2009
Das Wetter sollte gut bleiben und die 50 Hüttengäste freuten sich auf eine aussichtsreiche Tour zum Sustenhorn. Das Wetter wurde aber wieder zunehmend schlechter und wir waren daher nicht ganz so traurig, dass wir nur noch absteigen mussten. Insbesondere der steile Gletscheraufschwung zwischen 2400 m und 2500 m ist mit Schneeschuhen im Abstieg unangenehm zu begehen. Hier können u.U. Steigeisen nötig werden.

Zusätzlich Informationen:
Sämtliche Touren in diesem Gebiet, inkl. des Winterzustiegs zur Hütte, sind hochalpin und erfordern entsprechende Ausrüstung (Gurt, Seil, Karabiner, Schlingen, Prusik, Eisschrauben, Steigeisen, Pickel) und solide Kenntnisse im Umgang damit.
Auch die Lawinengefahr sollte nicht unterschätzt werden. Das Lesen des aktuellen Lawinenbulletins ist Pflicht. Aktuelle Erkundigungen beim Hüttenwirt einzuholen ist zumindest sehr empfehlenswert. Auf jeden Fall muss jeder ein LVS-Gerät, eine Sonde und eine Schaufel dabei haben und sollte damit routiniert umgehen können.
Wenn die obigen Vorrausetzungen stimmen steht wunderschönen Touren in einem beeindruckenden Gletschergebiet nichts mehr im Weg.

Infos im Internet:
http://www.skitouren.ch -> Gipfelbuch und Tourenbeschreibung -> Sustenhorn, Tierberge und Gwächtenhorn; Hütten -> Tierbegrlihütte und Hotel/Lodge Steingletscher
http://www.tierbergli.ch
http://www.alpenverein-bonn.de -> Infos über Wolfgangs Hütte. Eine Tour dorthin ist schon in Planung


Kai's Bildergeschichte (PDF, 2,9MB)

Text und Bilder: Kai Schroeder

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