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Einsame Bergtouren in den Glarner Alpen 25.07. - 27.07.2009 |
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Der Sommer 2009 machte bisher seinem Namen keine Ehre und auch die Meteorologen lagen mit ihren Prognosen nicht nur einmal daneben. So fuhren wir also mit der "Meteo-Schweiz-Aussicht" auf gutes Wetter - aber was heißt das schon im Sommer 2009 - am Samstag früh mit gemischten Gefühlen nach Elm (960 m). Dort angekommen war es wie erwartet, feuchte Luft, viele Wolken, aber Gott sei Dank regnete es nicht. Wir schulterten die recht schweren Hochtourenrucksäcke und marschierten los Richtung Martinsmadhütte (2002 m). Auf halbem Weg dorthin kommt die bewirtschaftete Tschingelalm (früher auch Niderenalm genannt). Eine gute Gelegenheit also uns mit Elmer Citro zu stärken. Nachdem wir dort wieder gestartet sind kam was uns noch fehlte, der Regen. Durch eine imposante Schlucht- und Wasserfalllandschaft ging es weiter hinauf zur Hütte und auch der Regen ließ Gott sei Dank wieder nach. An der Hütte angekommen stellte sich die Frage: was tun? Schlafen? Bier trinken? Klettern? Für jeden war etwas dabei, die meisten entschieden sich jedoch trotz des feuchten Wetters fürs Klettern. Zwei 1 - 2 Seillängenrouten im 3 bis 4. Schwierigkeitsgrad gibt's direkt in Hüttennähe, also nix wie hin mit Helm, Gurt, Karabinern und Seilen. Was wir erlebten war 'Wasserfallklettern' im Sommer. Es liefen regelrechte Bäche über die Felsen, was die Reibungstritte des Schiefers vergleichbar mit der frisch polierten Treppe einer schwäbischen Hausfrau werden lies. Trotzdem zogen wir das durch und ließen uns auch nicht von den teils lockeren Haken und den kaum abziehbaren Seilen entmutigen. Abends gab es dann ein legendär gutes und reichhaltiges Essen auf der Hütte, mit den vielleicht größten Kartoffeln der Schweiz! Sonntagmorgen war dann eine Sternstunde der Meteorologie, denn die Vorhersage stimmte: blauer Himmel, laues Lüftchen, Sonne satt. Also sind wir pünktlich um 7 Uhr zur großen Runde um die Martinsmadhütte gestartet: Glarner und Bündner Vorab (3018 m, 3028 m) und das Gletscherhorn sollten bestiegen werden. Kurz hinter der Hütte dann das erste Hindernis dorthin, das 'Schwarzwändli'. Eine steile, düstere, zwischen 2 Wasserfällen liegende ca. 100 m hohe Wand. Sie scheint auf den ersten Blick kaum begehbar, allerdings leitet ein Fixseil geschickt, unter Ausnutzung etlicher Bänder und kurzer steilerer Stufen hinauf in den großen Felskessel der Martinsmad. Ab hier ging's weglos über Gletscherschliffplatten, Geröll, Blöcke und Firn zum Vorabgletscher auf ca. 2650 m Höhe. Rasch angeseilt steuerten wir die beiden Vorab an, erst den Glarner, dann den Bündner. Die Aussicht war grandios: Ortler, Zebru, Königspitze, Piz Kesch, Piz Palu, Piz Bernina mit Biancograt, Piz Roseg, Rheinwaldhorn, Bifertenstock, Tödi und Glärnisch, eine wahre Bergprominentenschau! Auf dem Rückweg nahmen wir noch, dass nur wenig über den Gletscher rausragende, Gletscherhorn mit, welches v.a. auf die Zwölfihörner imposante Ausblicke bot. Nach gut 10 Stunden und rund 1250 Hm im Auf- und Abstieg sind wir dann wieder auf der Hütte zum gewohnt guten Essen eingelaufen. Die Frage war: hält das Wetter? Die Hüttenwartin Barbara Rhyner meinte in diesem Sommer gab es bisher nur einzelne schöne Tage, niemals aber zwei am Stück. Wir hatten Glück und erwischten die ersten zwei aufeinanderfolgenden Schönwettertage in den Glarner Alpen im Sommer 2009. Also steuerten wir am Montag zuerst den Grischsattel (2760 m) an, der einen Zugang auf die Flimser Seite ermöglicht. Der Aufstieg ging erst über eine gesicherte Felsstufe in der Ofenrus, dann über brettharte Schneefelder mit Absturzpotential, weswegen Steigeisen und Pickel die Wirkung eines Beruhigungsmittels hatten. Vom Grischsattel mussten wir dann weit und tief bis zur Segna sur auf ca. 2100 m wieder absteigen. Diese bizarre, von vielen Bachläufen durchzogene Hochebene war sehr beeindruckend und hatte den Charakter eines Aquarells. Von dort ging's rasch wieder steil hinauf Richtung Segnaspass (2627 m). Vorher wollten wir jedoch noch in das berühmte Martinsloch steigen. Das Martinsloch ist ein ca. 20 m auf 20 m großes Felsloch in der Bergkette der wilden Tschingelhoren. Zweimal im Jahr scheint die Sonne dort direkt durch auf den Kirchturm von Elm. Mysteriös genug also, um uns anzulocken. Leider ist das Martinsloch von der Flimser Seite seit einem Felssturz im Herbst 2008 wegen akuter Steinschlaggefahr bis auf weiteres gesperrt. Ein Schild warnt zurzeit deutlich vor 'Lebensgefahr' bei der Begehung. Also stiegen wir direkt zum Segnaspass auf und konnten so in der coolen Mountain Lodge direkt am Pass etwas länger unsere Elmer Citro genießen. Die Bedienung wies uns auch gleich daraufhin, dass man von der Terrasse direkt auf die Elmer Citro Fabrik schauen kann, tief im Tal, 1600 Hm unter uns. Dies machte uns trotz der guten Stimmung hier oben auch klar, trotz der schon 1300 Hm Aufstieg und bisher über 600 Hm Abstieg müssen wir noch darunter, zu den Citroproduzenten. Der Abstieg war dann eine wahre Plackerei, aber alle kamen, mehr oder weniger platt, wieder wohlbehalten in Elm an. Als Resümee bleibt, die Touren in den Glarner Alpen sind tatsächlich einsam, allerdings keinesfalls einfach. Sie sind meist lang und führen durch urwüchsige, wilde Berglandschaft. Wer genug von überlaufenen Modegebieten hat, sich einigermaßen orientieren kann und halbwegs trittsicher und schwindelfrei ist, der ist hier genau richtig. Infos zur Tour Leiter: Kai Schroeder (FÜL Bergsteigen, Schneeschuhbergsteigen) Martinsmadhütte (2002 m) Die Martinsmadhütte ist eine sehr zu empfehlende Berghütte der SAC Sektion Randen. Die Hütte liegt spektakulär inmitten einer wilden Felslandschaft und wird äußerst freundlich und liebenswert von Barbara Rhyner mit Mann und Tochter geführt. Allein das Essen lohnt einen Besuch. Infos mit Hüttenflyer, Tourentipps und Klettermöglichkeiten unter http://www.sac-randen.ch -> Martinsmadhütte. Mountain Lodge am Seganspass (2627 m) Die Mountain Lodge ist eine sehr kleine, einfach Hütte, die sich knapp unterhalb der Passhöhe auf Elmer Seite an die Felsen drückt. Sie ist während der Hochsommermonate meist bewartet, bietet Getränke und einfach Speisen sowie ca. 10 Lagerplätze zum Schlafen. Die Aussicht ist umwerfen, die Sonnenuntergänge müssen zum schönsten gehören was man sich vorstellen kann, die Stimmung kann als ausgesprochen cool im besten Sinne bezeichnet werden. Infos unter: http://www.segnespass.ch Weltnaturerbe Das gesamte Gebiet ist seit kurzem Weltnaturerbe. Grund hierfür ist die einzigartige Glarner Hauptüberschiebung. Während der Auffaltung der Alpen kam es in diesem Gebiet zu der Besonderheit, dass sich sehr alte Gesteinsschichten (Verrucano, ca. 280 Mio. Jahre alt) über jüngere (Flysch, ca. 30 Mio Jahre alt) schoben. Dazwischen entstand ein ca. 10 - 100 cm dickes Trennband aus Lochsiten-Kalk. Diese Schichttrennung ist vom Ringelspitz im Kanton St. Gallen bis zum Gebiet Piz Segnas, Sardona, den Tschingelhörnern mit dem Martinsloch bis zum Hausstock besonders gut zu erkennen. Weitere Infos unter: http://www.geopark.ch Kai's Bildergeschichte (PDF, 3,7MB) Text und Bildergeschichte: Kai Schroeder |
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