Diashow Die Tauernkönigin und ihr Hofstaat 13.08. – 17.08.2009 zurück zur Übersicht
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Es ist wieder einmal kurz vor 6 Uhr in Kirchheim-Ost. Ich zwänge mich in den Fond des Mercedes-Cabrios von Volker. Nicht unbedingt ein bergsteigerfreundliches Auto. Die restliche Crew fährt mit dem Mietbus. Über München / Salzburg / Bad Gastein geht die Fahrt zur Autoverladung Tauerntunnel bis nach Mallnitz. Dort angekommen Fahrt durch das Seebachtal zur Ankogelbahn-Talstation (1283). Man entscheidet sich, bis zur Mittelstation (1938 m) mit der Seilbahn zu fahren und den restlichen Weg zum Hannoverhaus (2721 m) aufzusteigen. Der Weg führt im unteren Teil durch recht trostloses Skipistengelände und über die Obere Lugge schließlich an der Seilbahn-Gipfelstation vorbei zum Hannoverhaus. Abgeschossene Eternit-Platten, dunkel gebeizte Nut-Feder-Innenverkleidung, rot gemusterte Plastiktischdeckerl: Hier lacht uns mit einem breiten Grinsen der Charme der 70er Jahre an. Auch der Rest der Hütte scheint die letzten Jahrzehnte ohne wesentliche Sanierungen überstanden zu haben. Der Toilettenstandard irgendwo zwischen Spätaussiedler-Übergangswohnheim und Baustellencontainer nach der 5. Woche Putzfrauenstreik. Liebe Sektion Hannover: Wann schickt ihr endlich den Abriss-Bagger? (Kein Witz, die Bude soll wirklich abgerissen werden). Egal, wenigstens das Essen ist nicht schlecht (was man vom Stiegl-Bier nicht sagen kann) und die Bedienungen jung und knackig. 20 Jahre jünger sollte man sein. Nachts hämmert der Regen gegen die Außenschalung. Wir verkriechen uns in die Lager.

Am nächsten Tag sieht es recht trüb aus und die Tourleitung beschließt, die Besteigung des Ankogels fallen zu lassen. Das stößt nicht überall auf Begeisterung, aber was will man machen. Wir nehmen den Goslarer Weg zur Großelendscharte (2675). Immer wieder Regen, es kommt keine richtige Freude auf (nomen est omen). Dann geht es runter über einige Schneefelder und die Reste des Pließnitzkees. Rechts des Pließnitzsees über die Fallböden. Der Fallbach stürzt über lotrechten Fels in die Tiefe. Es klart langsam auf. Bei Sonnenschein laufen wir in die Osnabrücker Hütte (2022 m) ein. Sehr gut ausgestattete Hütte mit kernigem Wirt. Nach kurzer Jause laufen wir ohne Gepäck in das Großelend-Tal. Zu viert Aufstieg zum Brunnkarkopf (2401 m). Wetter inzwischen spitze und gute Fernsicht.
Abends auf der Hütte dann gute Stimmung. Einige Freunde des gepflegten ostmärkischen Volksliedes sind eingefallen und heben zum vielstimmigen Chorgesang an. Besonders ein Ziehharmonika-Virtuose dreht mächtig auf. Während die Melodie-Variationen sich nur leicht über der Wahrnehmungsgrenze bewegen scheint das Repertoire des Zillertaler Gehörgangs-Terroristen unerschöpflich zu sein. Es bringt auch nichts, sich ins Lager zu verziehen, da es direkt über dem Gastraum liegt. Da man von Hüttenruhe offenbar auch nicht sehr viel hält, ist die Nacht recht kurz.

Um 4.40 Uhr quäle ich mich recht zerknittert aus dem Mummy-Liner. Es ist die Königinnenetappe auf die Hochalmspitze angesagt. Nach hastigem Frühstück marschieren wir um 6 Uhr los, zunächst ins Großelend-Tal. Über eine Randmoräne des Großelend-Kees geht es steil Richtung Preimlscharte (2953 m). Die letzten Höhenmeter viel Schmotter und loses Geröll. Wir weichen ins Felsgelände aus und versichern eine abschüssige Platte mit einem Fixseil. Dann geht es recht zügig. Oben an der Scharte zieht es wie Hechtsuppe. Wir legen am Hochalmkees die Steigeisen an und steigen in 2 Seilschaften die lange Flanke Richtung Hochalmspitze (3360) hoch. Die Tauernkönigin präsentiert sich standesgemäß mit „Kaiserwetter“. Die recht sulzige Schneeauflage macht den Anstieg zum Kraftakt. Unterhalb des Gipfelaufbaus kurze Verschnaufpause. Wir lassen die Ausrüstung zurück und klettern das blockige Gelände Richtung Hauptgipfel. Am Doppelgipfel ist viel Betrieb, aber es reicht noch zu einigen Fotos. Die Sicht ist grandios. Auch König Großglockner blinzelt herüber. Dann geht es auch schon wieder runter über den Südostgrat Richtung Steinerne Männln, einer bizarren Granitformation. Es sind einige knackige versicherte Passagen zu bewältigen. Dann am Übergang zum Trippkees eine breite Randkluft. Der Gletscher hat sich hier schon ziemlich zurückgezogen und es gibt einen ziemlichen Rückstau an der nicht einfach zu überwindenden Stelle. Wir entscheiden uns über eine fast senkrechte Stelle auf eine leicht abgesetzte Schneebrücke abzuseilen, die uns noch leidlich hält. Von dort aus geht es in Serpentinen das Kees runter, die Konsistenz der Schneedecke ist recht variabel, so dass die eine oder andere Arschlandung fällig ist. Keine gute Entscheidung, die Eisen wegzulassen. Weiter unten dann Blockgelände und schließlich der Rudolfstätter Weg Richtung Gießener Hütte (2203 m). Abends Nudelsuppe, Geschnetzeltes und die Erkenntnis, dass mein Mobil-Phon auf der Osnabrücker Hütte geblieben ist.

Da sich für den Nachmittag Gewitter angekündigt haben, marschieren wir am nächsten Tag um 7 Uhr ab, über den Buderusweg zur Mallnitzer Scharte (2671 m). Es gilt wieder einige Schneefelder zu queren. Da dieser Tag, erkältungsbedingt, nicht mein bester ist, bleibe ich am Rucksackdepot zurück und tanke noch etwas Sonne. Die Gruppe steigt auf das Säuleck (3086 m) hoch, wobei der Bezirksgruppen-Vorsitzende etwas ramponiert zurückkommt. Auch für einen so erfahrenen Hasen kann Blockgelände noch recht giftig sein. Kurz nach 12 Uhr dann Abstieg zum Dösener See und dem Arthur-von-Schmid-Haus (2272 m). Schön gelegene Hütte mit netten Wirtsleuten. Erstmal eine Suppe und Topfenstrudel. Da wir das Lager für uns haben, werde ich als Schweinegrippen-Verdachtsfall in einen separaten Bereich gelegt, wenigstens sehr geräumig. Auch Quarantäne hat seine Vorteile.

Unser Abreisetag schließlich bringt wieder strahlenden Sonnenschein. Wir steigen ein schönes Hochtal ab in Richtung Mallnitz. An einem schnuckeligen Gasthof machen wir Rast. Die Fahrer steigen in den Wanderbus und holen die Fahrzeuge für uns an der Ankogelbahn ab. Perfekter Service. Ein paar schöne Hochtourentage gehen mit der Erkenntnis zu Ende, dass die Hohen Tauern auch in den weniger bekannten Gebieten einiges zu bieten haben. Es wird sicher nicht das letzte Mal sein, dass wir in dieser Region unterwegs sind. Herzlichen Dank an die Guides Ingo und Helmut.


Text: Michael Früh
Bilder: Ingo Pfäffle