Diashow Romantischer Rheinsteig zwischen Rüdesheim und Bornhofen
20.05. - 23.05.2010
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Um 07.24 h ist Abfahrt am HbF Stuttgart. Im IC geht es direkt nach Bingen am Rhein / HbF, das wir nach 2,5 h Stunden leicht verspätet erreichen. Beim Aussteigen empfängt unsere kleine Wandergruppe ein schneidiger Wind, der uns auch auf der Überfahrt nach Rüdesheim per Personenfähre frösteln lässt. Der Mäuseturm präsentiert sich schön renoviert auf einer Rheininsel.
Vom Anlegepunkt aus nehmen wir den steilen Pfad durch die Weinberge und lassen die Korbseilbahn rechts liegen, wie es sich für ordentliche Alpenvereinler gehört. Nach kurzem Anstieg erreichen wir das Niederwalddenkmal, steinernes Monument des deutsch-französischen Krieges 1870/71, das majestätisch über dem Rheingau thront. Trotz des wolkenverhangenen Himmels bietet sich uns ein imposanter Ausblick auf Bingen mit seiner Rochus-Kappelle und der Burg Kopp samt der Nahemündung unterhalb. Nach etwas Nachhilfe in Geschichtsunterricht durch eine zeitgleich anwesende Schülergruppe steigen wir auf der Höhe in den Rheinsteig ein, dessen blaues Symbol uns die nächsten Tagen begleiten wird. Zunächst geht es im Wald zum Aussichtspunkt Rittersaal.
Es bietet sich ein Blick, der uns jetzt öfter begegnen, aber doch immer wieder neu fesseln wird: Das blau-silberne Band des Rheins, gesäumt von den unzähligen Burgen des Mittelrheintals und vielen malerischen Ortschaften und Städtchen, das ganze eingebettet in eine atemberaubende Landschaft. Weiter geht es am Felslabyrinth der Zauberhöhle vorbei, wir lassen uns den Abstecher in die künstliche Höhle nicht entgehen. Am Jagdschloss Niederwald rechts haltend steigen wir neben dem alten Sessellift nach dem bekannten Winzerstädtchen Assmannshausen ab, hier werden, durchaus untypisch für das Mittelrheintal, vor allem Rotweine angebaut.
Nach der verdienten Mittagsrast steigen wir hoch zum Eckersteinkopf und durch die eigentümlichen niedrigstämmigen Eichenwälder und Blockhalden auf den Höhen. Es gilt zwei Seitentäler zu durchqueren. Von der anderen Rheinseite grüßen die Burgen Reichenstein, Sooneck und Hohneck. Schließlich sieht man auch den Lorcher Werth und das Städtchen Lorch, unser Tagesziel. Die letzten 2 Kilometer gibt es noch kurz Nieselregen, dann erreichen wir durch die Weinberge unser Quartier in dem gemütlichen Winzerbetrieb der Familie Rössler. Der Tag klingt in der urigen Winzerstube des Anwesens aus.

Am nächsten Tag erwartet uns die Königsetappe, die uns auf den sagenumwobenen Loreley-Felsen führen wird. Nach einem gemütlichen Frühstück sind wir auch schon auf der Strecke. Durch Hohlwege und Weinberge geht es hoch zur Ruine Nollig, das ganze bei schönstem Sonnenschein. Durch Heckengelände und Wald gelangen wir an die Clemenskapelle und steigen ins Retzbachtal ab, an der Talmündung wird Lorchhausen mit seiner mächtigen Sandsteinkirche sichtbar. Danach geht es wieder hoch, am Wirbeley-Felsen bietet sich ein schöner Ausblick Richtung Bacharach auf der linken Rheinseite mit seinen Türmen und Fachwerkhäusern sowie der Burg Stahleck oberhalb. Man kann sich kaum satt sehen, weil auf dem Rhein ein Schiff nach dem anderen vorbeizieht. Der Rhein ist Europas größte Binnenschifffahrtsstraße. Weiter geht es hinunter ins Niederthal, der Grenze Rheinhessens zu Rheinland-Pfalz. Noch eine Taldurchquerung und wir stehen oberhalb des Städtchens Kaub und steigen durch die schön terrassierten Weinberge unterhalb der Burg Gutenfels ins Ortszentrum ab. Im Biergarten am Blücherdenkmal lassen wir uns mittäglich nieder. In der Silvesternacht 1813/14 ließ der „Marschall Vorwärts“ hier seine Truppen über den Rhein gehen. Ein Stück rheinaufwärts auf einer Rheininsel schimmert hell die Burg Pfalzgrafenstein, das Wahrzeichen Kaubs.
Nach kurzer Stärkung und eingedenk der Tatsache, dass wir zeitlich etwas im Verzug sind, beschließen wir, einen kleinen Zwischensprint per Sammeltaxi einzulegen. Das geräumige Gefährt ist auch schnell zur Stelle und die freundliche Taxiunternehmerin aus den Niederlanden chauffiert uns mit ihrem „Tulpentaxi“ elegant bis Bornich. So sparen wir uns zwei Seitentäler und ca. 1,5 h Stunden zusätzliche Marschzeit.
Hier oben erwartet uns eine völlig andere Landschaft: Weite offene Flächen und durch Feldgehölze durchzogene Weiden und Wiesen. Wenn man nach Westen blickt, wähnt man sich auf einer einzigen Hochfläche. Kaum zu glauben, dass nur wenige Kilometer entfernt eines der größten Flusstäler Europas die Landschaft durchschneidet. Bei strahlendem Sonnenschein nehmen wir den Zugangspfad zum Rheinsteig und stehen plötzlich, aus dem Wald kommend, wieder auf schroffem Fels über dem Tal. Der mythische Loreley-Fels baut sich gegen Norden hinter einer Rheinschleife auf. Noch eine gute Stunde, und wir haben unser Tagesziel, das Turner- und Jugendheim auf der Loreley erreicht. Der kantige Herbergsvater weist uns auch gleich in die Lager ein, Jungs und Mädels getrennt, wie es sich gehört. In dem sehr empfehlenswerten Biergarten (vor allem wegen der Wirtin) des angrenzenden Campingplatzes nehmen wir das Abendessen ein. Vor dem Schlafengehen noch ein kurzer Spaziergang über das doch recht tourismusgerecht verbaute Loreley-Plateau. Von Brentanos und Heines Romantik hat leider wenig überdauert.

Am nächsten Tag werde ich um 6 Uhr von fremdländischen Kommandos aus dem Hof geweckt. Als ich mich recht verschlafen vor die Haustür wage, ist eine Kampfsportgruppe beim Frühsport zugange und lässt sich von ihrem drahtigen amerikanischer Trainer über das Gelände scheuchen, Respekt für diese Uhrzeit!
Nach dem Frühstück sind auch wir wieder im Einsatz und marschieren an der Freilichtbühne vorbei über die Heide zur Burg Katz, die stolz über St. Goarshausen blickt. Von dort aus Abstieg in den Ort und am Bahnhof wieder hinauf durch verwilderte Obstgärten bis auf die felsige Anhöhe. Es soll hier sogar einen Klettersteig geben. An der Burg Maus, die leider nur zu Flugschauen der ansässigen Falknerei geöffnet ist, machen wir kurz Rast und durchqueren das Wellmicher Bachtal und das Ehrental mit seinen zahlreichen Relikten aus der Zeit, als hier noch nach Erz geschürft wurde. Nach Durchquerung der Pulsbachklamm machen wir in dem verschlafenen Örtchen Oberkestert Mittagspause.
Über den Rheinburgenblick und die Hindenburghöhe gelangen wir nach Lykershausen und von dort über Wiesen und Wälder durch ein Wildgehege einen breiten Rücken hinunter zu den Burgen Liebenstein und Sterrenberg, den „feindlichen Brüdern“. Dort muss ich zu meinem Schrecken von der Wirtin erfahren, dass die in meiner Karte (2009) großspurig eingetragene Personenfähre nach Bad Salzig inzwischen eingestellt ist. Also muss es doch die rechtsrheinische Bahn sein, um nach St. Goarshausen und von dort aus nach St. Goar zu unserem letzten Übernachtungsquartier zu gelangen. Da der Bahnhof von Kamp-Bornhofen etwas rheinabwärts liegt, bedeutet das einen zusätzlichen Fußmarsch von 2 km, was die Teilnehmerschar nicht gerade mit Überschwang zur Kenntnis nimmt. Der Tag war doch schon lang. Aber eine Tour, bei der alles klappt, ist schließlich keine Tour. Letztendlich sitzen wir doch müde aber zufrieden im Regionalexpress Richtung Wiesbaden. In St. Goarshausen erwischen wir exakt die Fähre und laufen die letzten Meter durch das malerische St. Goar hoch zur Jugendherberge unterhalb der gewaltigen Burg Rheinfels. In einer Pizzeria lassen wir bei Rotwein und Pasta den Tag ausklingen.

Der nächste Morgen bringt auch schon den Abschied vom Mittelrheintal. Nach einem Abstecher auf den französischen Delikatessen-Markt fahren wir mit der Regionalbahn linksrheinisch zurück nach Bingen, eine schöne Gelegenheit, unsere Wanderstationen auf der anderen Rheinseite noch einmal Revue passieren zu lassen. Erstaunlich, welche Wegstrecke man so in 3 Tagen zu Fuß zurücklegen kann. Von Bingen aus trägt uns der IC Richtung Heimat. Es gehen einige schöne Tage mit der Erkenntnis zu Ende, dass wir das einzige sonnige Mai-Wochenende erwischt haben. Das nennt man dann wohl das Glück des (Wander-)Tüchtigen. Keine Frage: Im kommenden Jahr warten die nächsten Rheinsteig-Etappen auf uns!


Text und Bilder: Michael Früh