Diashow Schneeschuh trifft Eis - Schneeschuhhochtouren über dem Sustenpass,
08.04. - 11.04.2011
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2011 war es wieder soweit, die Bezirksgruppe Remstal hatte mal wieder eine Tour im Programm, bei der es im Winter mit Schneeschuhen über Gletscher auf hohe Gipfel ging. Dieses Mal standen die Gipfel südlich des Sustenpasses auf dem Programm, das Quartier für die Gipfelstürmerei war die Tierberglihütte.

Unter Leitung von Michael Früh, Ingo Pfäffle und Kai Schroeder ging es am 8.4. früh morgens um 5 Uhr von Stuttgart los Richtung Sustenpass. Die Wettervorhersage versprach sonniges und warmes Wetter, Grund genug also nicht zu spät zu starten, denn während sumpfiger Schnee in erster Linie anstrengend ist und weiche Spaltenbrücken mühselig sind, so sind Nassschneelawinen dann etwas was man auf jeden Fall meiden sollten, die Unglücke dieses Winters sprechen eine deutliche Sprache.

Da wenig Verkehr herrschte und die Sustenpassstraße zu unserer Freude schon bis zum Alpinzentrum Steingletscher (1865 m) offen war, konnten wir schwer bepackt um 10.30 h Richtung Tierberglihütte starten. Schneeschuhhochtouren bedeutet nicht nur die übliche Lawinenausrüstung und bei Hüttenübernachtungen auch das entsprechende Hüttenzeugs mitzunehmen. Da es über Gletscher geht muss auch die komplette Hochtourenausrüstung, Steigeisen, Gurt, Pickel, Seile und was man sonst so alles braucht mit. Von daher hatte so mancher schon etwas Respekt vor den knapp 1000 Hm hinauf zur Tierberglihütte, die auf 2795 m Höhe hoch über uns, aber in Sichtweite, thronte.

Während der Sommerweg zur Hütte vom hinteren Parkplatz Umpol ohne Gletscherkontakt zur Hütte hinauf führt, muss man im Winter den Zustieg über den Steingletscher nehmen, den man bei ca. 2100 m betritt. Von dort ging es zum Talschluss, zwischen 2 mächtigen Eisbrüchen steil hinauf zum oberen Gletscherplateau von dem aus die Hütte rasch sichtbar wurde. Alle schafften den Hüttenzustieg problemlos und obwohl wir mit 23 Leuten eine sehr große Gruppen waren erreichten wir nach rund 4 Stunden (inkl. Pausen, anseilen, …) in einer respektabeln Zeit die sonnig gelegene Hütte.

An diesem ersten Tag war dann nur noch Sonnen und Entspannen angesagt. Abends gab's dann eine erste leckere Kostprobe des Essens von Helen und Heiri, den Hüttenwirtsleuten der Tierberglihütte. Und wie an den Folgeabenden so wurde gleich mehrfach Nachschlag geordert, was nicht nur am Hunger, sondern vor allem am leckeren Essen lag, das dort in fast 3000 m Höhe fabriziert wird.

Am Samstag standen eigentlich die Tierberge auf dem Programm. Nach dem anstrengenden Hüttenzustieg sollte es erstmal etwas gemütlicher werden. Da die Wettervorhersage für die Folgetage allerdings weiterhin sehr gut war konnte am Sonntag mit einem enormen Ansturm aufs Sustenhorn gerechnet werden. So haben wir kurzerhand umdisponiert und sind schon am Samstag Richtung Susten- und Gwächtenhorn aufgebrochen.

Von der Hütte aus sahen wir schon viele Skitourengehen, die das gleiche Ziel hatten wie wir. Aber es war eine richtige Entscheidung, denn was wir Samstag sahen war harmlos gegen das, was sich am Sonntag dort abspielen sollte. So sind wir zunächst hoch zum S ustenlimi, einer schönen Gletscherhochfläche zwischen Susten- und Gewächtenhorn, die leider für Heliski'alpinisten' arg missbraucht wird. Vom Sustenlimi geht es dann über gut 300 Hm durchschnittlich leicht über 30 Grad steil hinauf. Die Schneedecke war sehr hart, aber im Aufstieg gut zu gehen. Nach unter 3 Stunden erreichte unsere große Gruppe den Gipfel des Sustenhorns (3503 m), was wiederum eine super Zeit war. Viele Skitourengeher waren zu diesem Zeitpunkt schon mit der Abfahrt beschäftigt, weswegen es zunehmend ruhiger wurde. Nach ausgiebiger Gipfelrast mit Ausblick auf Matterhorn, Weisshorn und Grand Combin ging es dann wieder hinab zum Sustenlimi. Da uns Härte und Steilheit des Hangs noch in Erinnerung waren wurden die Schneeschuhe gegen Steigeisen getauscht, eine gute Entscheidung, die einen sicheren und schnellen Abstieg ermöglichte.

Am Sustenlimi teilte sich dann unsere Gruppe. Ein Teil wollte direkt zur Hütte und in der Sonne faulenzen. Ein anderer Teil hängte noch das Gwächtenhorn (3420 m) ran. Das Gwächtenhorn ist ein sehr imposanter Gipfel und der stürmische Wind am Gipfelgrat gab ihm noch eine besonders alpine Note. Der eigentliche Gipfel am Übergang zum felsigen Westgrat bot Platz für eine Person, also dauerte es eine ganze Weile, bis jede/r dort fürs obligatorische Gipfelfoto posiert hatte. Florian zog dann auch noch ein etwas wackelig aussehendes Stativ aus dem Rucksack, fürs Gruppengipfelfoto auf dem breiteren Gipfelrücken vor dem Westgrat reichte es aber allemal. Danach war dann aber auch in dieser Bergsteigergruppe so langsam Durst angesagt und schnellen Schrittes ging's über das Sustenlimi zurück zur Tierberglihütte.

Die Sonne hielt uns auch an diesem Nachtmittag noch lange vor der Hütte bis uns verlockende Gerüche aus Helens und Heiris Küche ins Innere lockten.

Sonntag standen nun für uns einsame Touren zu den Tierbergen auf dem Programm, nachdem sich alle anderen, wie vermutet, ganz offensichtlich fürs Sustenhorn entschieden hatten. Die klare Ansage von Kai lautete nach Frühstück: Helm und Steigeisen können auf der Hütte bleiben. Ersteres stellte sich auch im Nachhinein als absolut richtige Entscheidung heraus, bei zweitem war die Wirkung der Sonne auf den harten Schnee etwas zu optimistisch kalkuliert. Aber der Reihe nach. Zunächst ging es imposant zwischen mächtigen Spalten hindurch und in sicherem Abstand zur Gwächtenhorn Nordwand ständig mäßig steil nach oben. Die Firnpyramide des Mittleren Tierbergs leuchtete uns schon früh entgegen. Keine Frage, der Schnee dort ist weich, bis wir dort sind … so jedenfalls die Planung. Als wir im Sattel vor dem Gipfelaufschwung ankamen blies ein stürmischer, kalter Wind drüber und schnell war klar, bei diesem Wind wird da nichts weich. So war es dann auch in der Gipfelflanke, steil, knochenhart und fast keiner hatte Steigeisen dabei, außer ein paar wenigen Glücklichen, die misstrauisch waren. Es war klar, dass der (Kai), der uns diese harte 'Suppe' eingebrockt hatte sie auch auslöffeln, sprich ein Fixseil in die Flanke legen, musste. Mittels Eisschraube und T-Anker wurden 60 m Seil fixiert und ermöglichten auch mit Schneeschuhen einen sicheren Auf- und Abstieg auf den Mittleren Tierberg (3311 m). Am Gipfel selbst lud dann eine kleine Mulde zur windgeschützten Gipfelrast ein.

Im Abstieg bot sich der steile Hang zur Hütte geradezu dazu an, diesen auf der Schaufel hinab zu fahren. Leider gibt es in diesem Hang auch große, tückische Spalten. So wurde der Versuch unternommen angeseilt zu Schaufeln, was mehr oder weniger gut gelang. Wir bekamen zumindest eine Ahnung davon, was es für Skibergsteiger heißt angeseilt zwischen Spalten abzufahren.

Da die Tour zum Mittleren Tierberg eine eher kürzere ist waren wir schon am frühen Nachmittag wieder an der Hütte. Hier stellte sich dann die Frage: Extremchillen in der Sonne oder noch auf den Vorderen Tierberg gehen. Es bildeten sich, wie schon am Vortag, 2 Gruppen, 10 starteten noch zum Vorderen Tierberg, 13 blieben auf der Hütte und brutzelten in der Sonne.

So nah der Vordere Tierberg auch ist, so imposant sind Zu- und Aufstieg. Erst geht's entlang des Eisbruchs hinter der Tierberglihütte, der filigrane Eisgebilde geformt hat. Weiter unter der Nordwand des Mittleren Tierbergs hindurch bis man den steilen Gipfelgrat erreicht. Über diesen mehr oder weniger (bei uns, da viel Schnee) ausgesetzt zum Gipfel. Der Vorderer Tierberg bietet eine sehr schöne Aussicht ins einsame Triftgebiet und zu den Berner Alpen. Nachdem dieser Gipfel den Durst dann nochmals gesteigert hat zog es uns dann rasch wieder zurück zur Hütte.

Helen und Heiri waren schon mit der Zubereitung einer Tessiner Spezialität (Cazzöla, extrem lecker!) fürs Abendessen beschäftigt, wir überbrückten die Zeit mit etwas Calandabräu.

Am letzten Abend wurde es dann auch der Zeitpunkt alle Gipfelschnäpse nachzuholen, auf welche wir bisher immer verzichtet hatten. Heiri fand in seinem Keller einen äußerst leckeren Pflaumenbrand, der zu einem noch attraktiveren Preis den Besitzer wechselte und so konnte am Sonntagabend auf 4 schöne und erfolgreiche Gipfelbesteigungen angestoßen werden.

Am Montag stand dann der Abstieg zurück in den Frühling an. Von der Hütte weg war der Schnee hart, der Steilhang zwischen den Eisbrüchen im Schatten, also wurden direkt die Steigeisen angelegt. Der Steilhang selbst wurde dann im Abstieg mit Eisschrauben am gleitenden Seil gesichert. Es ist halt doch ein Unterschied, ob ein solcher Hang im Aufstieg bei relativ weichem Schnee, oder im Abstieg bei sehr hartem Schnee begangen wird. Die Spaltensturzgefahr in diesem Hang lies eine Sicherung zusätzlich ratsam erscheinen.

Tatsächlich konnten wir dann zurück am Alpinzentrum Steingletscher im T-Shirt, fast schon wie im Sommer, noch einen Kaffee trinken bevor es zurück ins fast schon sommerliche Stuttgart ging.

Infos zur Tour:
Der Hüttenzustieg, wie auch die Gipfel sind hochalpin und erfordern die entsprechende Ausrüstung, sowie die Fähigkeit dabei sicher und routiniert umzugehen. Mit Schneeschuhen sollte man auch im Winter nur als Seilschaft Gletscher wie den spaltigen Steingletscher betreten. Die punktuelle Belastung der Schneedecke ist einfach deutlich größer als mit Skiern. Neben einer kompletten Hochtourenausrüstung muss, auch wenn der Rucksack zunehmend schwerer wird, auch eine komplette Lawinenausrüstung mit.

Der Steingletscher war gut, aber keinesfalls üppig eingeschneit. Um Eisschrauben zu setzen musste man in der Regel kaum 30 cm tief graben!

Die Tierberglihütte ist ein absoluter Tipp, wenngleich auch kein Geheimtipp. Sie wird äußerst freundlich und herzlich von Helen und Heiri geführt. Das Essen ist überaus schmackhaft und reichlich. Klar dass sich so was rum spricht. Trotzdem kommt selbst bei voller Hütte keine unnötige Hektik auf, die Freundlichkeit bleibt gewahrt und man fühlt sich auch bei voller Hütte rundum wohl dort.

Bergsteigern, die im Sommer gerne Hochtouren unternehmen, aber keine (guten) S kifahrer sind, kann nur angeraten werden das Gebiet um die Tierberglihütte mal im Winter mit Schneeschuhen zu erkunden!

Infos im Internet:
http://www.sustenpass.ch
http://www.tierberglihuette.ch


Kai's Bildergeschichte (PDF, 6,8MB)

Text: Kai Schroeder
Bildergeschichte: Vera kühn, Kai Schroeder