Diashow Auf Höhenwegen im Nationalpark Königssee, 30.06. - 04.07.2011 zurück zur Übersicht
BILD
BILD
BILD
BILD
BILD
BILD
BILD
BILD
BILD
BILD
BILD

Im Wasser, am Wasser und um’s Wasser herum

In fünf Tagen um den Königssee

Alle Gipfel bis auf einen fallen aus, es gibt viel Regen und oft wenig Panorama: Petrus’ Gunst haben Leiter Ingo Pfäffle und die 13 Teilnehmer der Tour rund um den Königssee Anfang Juli nicht auf Ihrer Seite. Eine gelungene Hüttenwanderung ist es dennoch, denn die großartige Bergwelt des Nationalparks Berchtesgaden entschädigt immer wieder mit Ausblicken auf kleine und große Naturwunder.

In den Tagen vor der Tour liegt brütende Hitze über Stuttgart, so mancher Teilnehmer macht sich Sorgen wegen Gewittern in den Bergen. Ab Mittwoch kündigt der Wetterbericht dann eine Kaltfront an, zuerst Regen, danach dann aber kühleres stabiles Bergwetter. Wir fahren also guten Mutes im strömenden Regen auf der A8 Richtung Südosten. Bayern 3 meldet Starkregen und schwere Überschwemmungen in München und Südbayern, doch wir lassen uns nicht die Laune verderben. Das wird schon noch alles abziehen, denken wir.

Angekommen auf dem Parkplatz in Schönau folgt das übliche Prozedere aus Knochenstrecken, Umziehen und Rucksackrichten. Zwar hellt es etwas auf, doch der Regen fällt weiter. Der Anstieg auf der Westseite des Sees führt an der Rennrodelbahn vorbei in den Wald und auf steilem Fahrweg bergauf. Gut 800 Höhenmeter sind zu steigen. Bald grüßen am Wegrand die ersten Orchideen, ein Vorgeschmack auf die beeindruckende Blütenvielfalt, die noch auf uns wartet. Auf dem Weg zu unserem ersten Quartier, der Kührointhütte auf 1.420 Metern, überqueren wir die Grenze zum Nationalpark. Den geplanten Abstecher auf den Aussichtsberg Grünstein lassen wir mangels Aussicht ausfallen und streben so schnell wie möglich Wärme, trockenen Kleidern und Abendessen in der Hütte zu. Oben werden wir doch noch mit einigen Sonnenstrahlen und Blicken auf Watzmann und Watzmannhütte belohnt. Die Hütte haben wir für uns alleine, alle anderen Wanderer und Gruppen haben wegen des Wetters abgesagt. So können wir uns breit machen. Direkt neben dem Haus lädt ein Häuschen des Nationalparks mit Informationen über Flora und Fauna, eine gute Einstimmung auf das Naturschauspiel, das auf uns wartet.

Erst runter, dann wieder rauf
Am nächsten Morgen steht gleich der schwierigste Abschnitt der Tour an. Die Sorge, der ohnehin schon anspruchsvolle Rinnkendlsteig könnte durch Regen vollends zu einer haarsträubenden Angelegenheit werden, bewahrheitet sich zum Glück nicht. Das Wetter hält und der Wind kann den Steig leidlich trocknen. Vor dem Abstieg gibt es einen Abstecher zur Archenkanzel, die einen schönen Ausblick auf den Königssee und die benachbarten Berge bietet. Der Alpenvereinsführer stuft den Rinnkendlsteig, der die Kührointalm mit der Halbinsel St. Bartholomä verbindet, als schwierig ein und tatsächlich fordert der Abstieg ein gehöriges Maß an Konzentration und Vorsicht. Die Stöcke werden eingepackt, da nicht selten an Versicherungen Hand angelegt werden muss. Über zahllose Holztritte, Eisenkrampen und Stufen geht es durch die steile Wand bergab und alle sind froh, ohne Unfall das gefährliche Gelände hinter sich gebracht zu haben. Der Blick zurück auf den scheinbar weglosen Fels flößt im Nachhinein noch einmal Respekt ein. In St. Bartholomä werden wir jäh mit Alpenidylltourismus konfrontiert und sind froh, wieder in die ruhigen Berge verschwinden zu dürfen. Allerdings ist die oft fotografierte Halbinsel mit der Wallfahrtskirche aus dem 12. Jahrhundert tatsächlich staunenswert schön. Vor uns liegen jetzt gute 1.200 Meter Aufstieg vom See durch die Saugasse zum Kärlingerhaus. Der Weg vom Königssee zum Funtensee, an dem das Haus liegt, führt unter der Ostwand des Watzmanns vorbei, in Serpentinen durch den Wald, dann unter den Hachlwänden das sich verengende Tal hinauf. Die Ausblicke ändern sich ständig, der friedliche schöne Talgrund kontrastiert mit den steilen Felswänden. Leider verschlechtert sich das Wetter bald, sodass wir die Schönheit der hochalpinen Landschaft immer weniger zu Gesicht bekommen. Der Steig wird steiler und anspruchsvoller, der Regen stärker und kälter, die letzten Gespräche verstummen. Rechts, links, rechts, links, Serpentine nach Serpentine zieht sich den Hang hinauf. Was sind wir froh, als die Hütte aus dem Nebel auftaucht. Das große Kärlingerhaus liegt in einem Hochtal über dem Funtensee auf 1.630 Metern. Der Funtensee ist der „Kältepol“ Deutschlands. Mit fast -46°C wurde hier 2001 die tiefste je in Deutschland gemessene Temperatur registriert. Am nahen Kärlingerhaus ist es häufig deutlich wärmer. Die Erklärung? Der See liegt in einer Senke, in der sich die kalte Luft staut und deren Grund die Sonnenstrahlen nicht erreichen.

Schnee…
Recht voll ist es auf der Hütte und andere Wanderer berichten von Schneesturm im nahen Steinernen Meer und komplett durchweichten Rucksäcken. Wir hatten also noch Glück. Das Hüttenteam lässt sich vom nassen Ansturm nicht aus der Ruhe bringen und bringt das gute Abendessen reibungslos über die Bühne. Auch davon, dass die Vorräte gerade knapp werden, weil der Hubschrauber wegen des Wetters einige Zeit nicht fliegen konnte, merkt man wenig. In der neben der Küche ausgehängten Wetterprognose ist leider nicht mehr die Rede von der erhofften Wetterbesserung. Schnee soll es am nächsten Tag bis auf 1.800 Meter geben. Auch das ständig fallende Barometer macht wenig Hoffnung auf Sonne. Der Alpenvereinsführer für die Region bemerkt zur Witterung recht treffend: „Aufgrund seiner Lage am Alpennordrand sind die Berchtesgadener Alpen häufig ergiebigen Niederschlägen ausgesetzt, die sich im Sommer durch teils anhaltende Regenfälle […] bemerkbar machen.“ Der Regen ist in der Tat nicht zu übersehen.

Der Blick aus dem Fenster zeigt am nächsten Tag nach dem Aufstehen weiße Bergspitzen. Da auch fast allen noch die harte Etappe des Tags davor in den Knochen steckt, wird beschlossen, nicht über das Steinerne Meer zu gehen, sondern an Grün- und Schwarzensee vorbei. Der Weg führt ein Stück zurück Richtung Saugasse und zweigt dann nach rechts ab. Das Wetter ist deutlich besser, aber es regnet doch immer wieder. Ein Problem ergibt sich dadurch vor allem im Hinblick auf die Ausrüstung: Jacke an, Jacke aus, Regenschirm oder kein Regenschirm? Dem Weg haben die starken Niederschläge der vergangenen Tage auch nicht gut getan, viele Stellen sind eine Schlammschlacht. Doch auch hier werden wir wieder belohnt mit großartiger Bergkulisse und Pflanzenvielfalt. Teufelskralle, Knabenkraut, Lilien, vor allem der Blumenreichtum begeistert. Da die Etappe nicht so lang ist, bleibt Zeit für Fotos und Pausen zum Blumenbewundern und -bestimmen. Abwechslungsreich geht es in vielen Kehren, kleinen An- und Abstiegen durch den Wald. Der Grünsee liegt in einer tiefen Senke, der Weg zieht sich etwas oberhalb vorbei. Am Schwarzsee müssen wir dagegen sogar ein wenig hüpfen, um uns auf dem Pfad direkt am See keine nassen Schuhe zu holen. Kurz nach der Hälfte der Strecke gibt es einen Abstecher auf das Halsköpfl, einen Sporn hoch über dem Königssee mit beeindruckendem Rundblick über die steil ins Wasser abfallenden Wände. Unsere nächste Hütte, die Wasseralm, ist eine deutlich spartanischere Angelegenheit als das große Kärlingerhaus: Wassertrog zum Waschen und zwei Plumpsklos, was bei Mitgliedern einer anderen Wandergruppe für lange Gesichter sorgt. Die Lage auf einer lieblichen Waldlichtung ist dafür umso schöner und auch hier lohnt wieder der Blick auf die Blumenwiesen. Das Hüttenteam hat die Lage gut im Griff, auch als klar ist, dass es sehr voll werden wird. So gibt es Abendessen in Schichten und im Gastraum ist es sehr eng und sehr gemütlich. Gutes Essen, nette Leute – die Wasseralm ist eine sehr ursprüngliche Hütte.

Botanisches Schaulaufen
Zur vorletzten Etappe wenden wir uns nach Norden, um auf der östlichen Seite des Sees wieder in Richtung Schönau zu gehen. Nach kurzer Strecke im Wald führt der Steig unter der Hanauerlaubwand vorbei. Hier sind wieder konzentriertes Gehen und Vorsicht angesagt, da der Weg ausgesetzt ist. Durch den Landtalgraben und das Landtal geht es dann stetig bergan in Richtung Hochgschirr, insgesamt rund 650 Höhenmeter. Beim Steigen ziehen die verschiedenen alpinen Vegetationszonen mit ihren typischen Pflanzen wie im Film an uns vorbei. Unten Misch- und Buchenwald, der dann abgelöst wird durch Nadelbäume. Dann immer niedrigere und spärlichere Büsche und Bäume, zuletzt, bevor nur noch Gräser und Blumen das Bild bestimmen, knorrige Zirben. Kurz vor dem Hochgschirr können wir große Gruppen Gämsen und Steinböcke beobachten, übermütig herumspringende Jungtiere zeigen uns, was echte Trittsicherheit ist. Oben angekommen fliegt uns ein Graupelschauer um die Ohren. Angesichts dessen und der Tatsache, dass immer noch einige Gipfel weiße Kappen tragen, wird der 2.277 Meter hohe Schneibstein gestrichen und der einfachere Weg weiter unten über die Priesbergalm gewählt. Beim Abstieg vom Hochgschirr wird dem Auge einiges geboten, vom Seeleinsee über die schroffe Tauernwand bis hin zu Steinböcken und Murmeltieren. Nach einer „Abkürzung“ über eine sumpfige Wiese sind wir dann alle froh, als das Schneibsteinhaus erreicht ist, denn es hat – wieder einmal – angefangen zu regnen. An unserem letzten Übernachtungsort erwartet uns eine Überraschung: Musik und Tanz! Kontrabass und Zieharmonika, Gitarre und Flöte sind auf den Berg gefahren worden, der Gastraum ist brechend voll, es gibt Lieder und Stubenmusik. Lokale Prominenz ist auch da: Georg Hackl, ehemaliger Rennrodler und dreimaliger Olympiasieger, feiert und musiziert nach Kräften mit und erfreut die Gesellschaft am späteren Abend sogar mit Schuhplattler. Wir genießen den Abend mit bayerischer Kultur als passendem Abschluss einer wunderbaren Hüttenwanderung.

Endlich Sonne
Der letzte Tag bringt dann doch noch strahlende Sonne und sommerliche Temperaturen. So können wir auf dem 1.874 Meter hohen Jenner den Rundblick über Watzmann, Großen Hundstod, Steinernes Meer bis hin zum Hagengebirge genießen. Wir sind nochmals stolz, den schwierigen Abstieg über den Rinnkenndlsteig geschafft zu haben, grüßen zum See nach St. Bartholomä und nach Süden in Richtung Wasseralm. Nach einer Pause mit Vesper auf der Königsbachalm nehmen wir den Abstieg nach Schönau in Angriff, bei dem die Sohlen gut heiß laufen. Wie schön ist es, unten angekommen die Füße in den Brunnen zu hängen! Am Parkplatz heißt es Abschied nehmen, Rucksack und Bergschuhe verstauen und die Heimreise antreten. Wir sind uns einig, dass es eine tolle Tour war, auch wenn uns das Wetter nicht gewogen war. Denn im Grunde kann man sagen: Rund um den Königssee ist es überall schön, oben und unten. Der Reiz liegt nicht nur in den steilen Wänden und Gipfeln, sondern vor allem auch im Detail, in der großen Artenvielfalt der Wiesen und Wälder. Für Naturinteressierte ist der Nationalpark Berchtesgaden bei fast jedem Wetter einen Besuch wert!


Der Nationalpark Berchtesgaden
Der Park im Südosten Bayerns an der Grenze zu Österreich umfasst eine Fläche von rund 210 Quadratkilometern. Der höchste Punkt ist der Watzmann mit 2.713 Metern, der tiefste der Königssee mit 603 Metern. Der große Höhenunterschied bringt eine breite Artenvielfalt mit sich: Bergwälder und -wiesen in geringerer Höhe, typische hochalpine Pflanzen und Tiere in den höchsten Lagen. Schon seit 1910 gab es auf dem heutigen Gebiet des Parks ein Schutzgebiet. 1978 wurde der Nationalpark gegründet, an den sich im Norden ein von der UNESCO anerkanntes Biosphärenreservat anschließt. Die Parkverwaltung bietet eine breite Palette an Führungen und Veranstaltungen an, unter anderem für Kinder.
Informationen: http://www.nationalpark-berchtesgaden.bayern.de


Text: Stefanie Kapp
Bilder: Ingo Pfäffle und Michael Kapp