Diashow Mit dem DAV auf Karwendel-Schneeschuhtour – die andere Perspektive, 14.02. - 17.02.2013 zurück zur Übersicht
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Mein Name tut nichts zur Sache. Es reicht, wenn Ihr wisst, dass ich Saisonkraft bin, das heißt, dass ich nur im Winter arbeite. Das klingt jetzt erst einmal ziemlich cool – rein wettertechnisch ist das ja auch so – aber es gibt Momente, da würde ich gern mit einem Wasserski tauschen. Wieso? Na dann stellt Euch doch einfach mal vor…

… Ihr schlummert mit Eurem Kumpel im Lager und träumt von einer wohlig, warmen Dusche, die Salz, Kiesel und kratzige Tannennadeln von Euch wäscht. Ok? Nicht? Könnt ihr Euch nicht vorstellen? Dann schließt doch einfach die Augen, das funktioniert immer.

So, und nun stellt Euch vor, Ihr werdet aus dem Bett gerissen und fliegt aus einem Meter Höhe in den Schnee. Ohne Vorwarnung, ohne Begrüßung, einfach so. Während ihr noch damit beschäftigt seid, unter den anderen Leidensgenossen Bekannte auszumachen, drückt und drängt sich ein plumper Schuh solange in Eure Bindung, bis Ihr nachgebt und aufmacht. Sie nennen das „Bindung einstellen“. Ganz toll, oder? Ja und genau das ist mir passiert – wieder einmal:

Am 14.02.13, so gegen Mittag, auf ungefähr 740 m, in Lehen bei Wackersberg/Bad Tölz. Als alle Schneeschuhe bestiegen, alle Rucksäcke geschultert und alle VS-Geräte „checked“ waren, haben sie mich und siebenundzwanzig andere Schneeschuhe hinauf zur Schnaiter Alm geschleift, auf so ungefähr 1245 m. Dann ging es weiter zum Zwiesel (1348 m) und zurück über das Blomberghaus (1203 m) mit seiner Liftstation, die unsere Bergsportler mit Todesverachtung links liegen ließen und uns stattdessen lieber über den Heigelkopf (1218) und die obere Hirschalpe zurück zum Parkplatz trugen. Zwischendurch standen wir noch eine halbe Stunde rum, weil zwei Schneeschuhe von ihrem Träger in eine andere Richtung verschleppt worden waren und die beiden menschlichen Anführer, Michael Früh und Klaus Rohn, nach den Dreien Ausschau halten mussten. Als dann bekannt wurde, dass sie bereits wohlbehalten am Parkplatz angekommen waren, gab es Entwarnung und wir sind dann um 17 Uhr auch wieder am Ausgangspunkt angekommen.

Keine Frage, der jeweils schlimmste Moment einer Tour ist immer der, bevor man wieder die Hülle gesteckt wird: Jedes Mal werde ich so gegen meinen Kumpel geknallt, dass uns beiden das Harscheisen noch Stunden später brummt. „Schnee abklopfen“ heißt das und ist der Grund, weshalb ich manchmal lieber ein Wasserski geworden wäre. Selbstredend blieb mir das auch dieses Mal nicht erspart.

Im Trockenraum des Gasthauses „Post“ in Hinterriß harrten alle Paare dann aneinander gekuschelt der Dinge, die da in den nächsten Tag kommen sollten, während es sich unsere Bergsportler eine Etage weiter oben bei einem leckeren Essen, einer großen Auswahl an Biersorten, österreichischem Wein und einem fantastischen Traubensaft gut gehen ließen.

Am zweiten Tag starteten wir bei mäßigem Schneefall an einer Hütte(728 m), deren Eigentümer ein erfolgreicher Jäger sein musste, wie dreißig an der Wand hängende Fuchsfelle bewiesen. Über Rontal und Rontalalm (1262 m) wurden wir westlich über einen bewaldeten Bergrücken getragen. Inzwischen schneite es heftig und die Sicht wurde zusehends schlechter. Die Anführer der Truppe entschieden, nördlich zum Hochalplkopf zu laufen, dessen Gipfel (1770m) wir nach ca. dreieinhalb Stunden auch tatsächlich erreichten. Es ging den gleichen Weg zurück, aber unsere Spuren waren kaum noch zu sehen. Fast wären einige Schneeschuhe im Berg geblieben, als unsere Wanderer den Hang hinab rannten, glitten und schlidderten. Kaum einer, der nicht im Schnee lag, doch niemand ließ seinen Schuh zurück, auch wenn einige meiner Kameraden es schafften – absichtlich oder nicht - sich ihrer Menschen zu entledigen. Das von den Menschen ausgehende Gelächter und Gejauchze zog sogar Rot- und Gamswild an.
Auf der Rontalalm gefiel es unseren Wanderern dann, ihre VS-Geräte im Schnee zu verbuddeln. Das habe ich schon auf ungezählten Touren erlebt und bin doch immer wieder erstaunt, dass sie am Ende immer alle Geräte wieder mit nach Hause bringen.

Am 16.02. hatten zwei Schneeschuhe frei und zwei weitere Wanderer seilten sich mit ihren Schneeschuhen nach kurzer Zeit ab. Die restlichen zweiundzwanzig Schneeschuhe brachen bei Sonne verheißendem Himmel zum Schönalmjoch (1986 m) auf. Bei 1800 m hatten wir einen schönen Aussichtsgrat erreicht und dann ging es über einen breiten Rücken hinauf zum Gipfel, den wir nach dreieinhalbstündigem Aufstieg um ca. 13:15 Uhr erreichten.

Auf einer Tour gibt es für mich nichts Schöneres, als abends im Trockenraum gemeinsam mit den anderen über jene zu lästern, die sich unserer bedienen. Deshalb beobachte ich sie sehr genau. Die Gipfelpausen bieten sich dafür besonders an und ich ließ die Gelegenheit nicht ungenutzt verstreichen: unten im Tal waren alle einheitlich mit dicken Jacken, Handschuhen und Mützen gestartet und oben kamen sie ganz unterschiedlich an: einige wirkten, als wären sie gerade erst losgelaufen, andere trugen nur noch die Hälfte ihrer Klamotten und von manchen stieg gar Dampf auf.
Auf dem Rückweg hielt der Himmel sein Versprechen und zeigte sich von seiner sonnigsten Seite. Gegen 15:30 Uhr jedoch wurden wir wieder in den Trockenraum gesperrt und das, obwohl für den nächsten Tag weniger schönes Wetter angesagt war!

Tatsächlich begann der Sonntag wolkenverhangen und der Aufstieg vom Parkplatz an der Rissklamm (850 m) zur Mooslahneralm (1398)dauerte bei Schnee eine Stunde und vierzig. So richtig genießen konnten wir den Tag nicht, denn allen war klar, dass der Gipfelaufstieg für einige vielleicht atemberaubend war, jedoch nicht wegen des Ausblicks.

Wenn wir Glück haben, treffen sich einige von uns ein paar Tage später im Sektionsschrank wieder und man kann sich gegenseitig die Schrammen zeigen, die eine Tour hinterlassen hat. Doch ein paar Pechvögel werden am Saisonende aus Altersgründen ausrangiert und alles hofft, nicht zu ihnen zu gehören, denn im Rückblick waren es doch schöne Tage und ich bin hundertmal lieber Schneeschuh als Wasserski.


Text : Conny Schwanitz
Bilder: Doris Boyken, Peggy Sachse, Ruth Dupuis