Diashow Wolkenhaus 2: Hochtouren um die Hollandiahütte (3240 m): Äbeni Fluh (auch Ebnefluh, 3962 m),
26.07. - 28.07.2012
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Wie schon Anfang Juli, so wollten wir auch Ende Juli etwas höher hinaus. Ursprünglich war die Capanna Margherita, die höchste Hütte der Alpen, auf der Signalkuppe im Monte Rosa auf 4554 m Höhe gelegen, geplant. Aufgrund der Verletzung einer Bergkameradin haben wir diesen "Ausflug" auf 2013 verschoben. Für die restliche Bergsteigergruppe musste nun ein neues Ziel her, das schnell gefunden war. Da noch niemand von uns in den Berner Alpen war haben wir also dorthin eine Tour geplant.

Die erste Erkenntnis kam schon bei der Planung. Will man nicht mir der Jungfraubahn bis knapp 3500 m hoch fahren, was unserer Bergsteigerehre widerspricht, so hat man es mit meilenweiten Hüttenanstiegen zu tun. Will man dann noch an einen reizvollen 4000er, wie z.B. die Fiescherhörner, das Grünhorn oder das Finsteraarhorn ran, dann reichen die 4 Tage, die wir hatten kaum aus. Also planten wir zur Hollandiahütte aufzusteigen, von dort Gipfel knapp unter der magischen 4000er-Marke zu überschreiten und zur Konkordiahütte abzusteigen. Von dort dann dasselbe Programm, nur andere Gipfel, zurück zur Hollandiahütte und dann ins Tal zurück. Auf dem Weg liegen würden Äbeni Fluh, Gletscherhorn, Mittaghorn, Lauihorn, Kranzberg, Trugberg, alle zwischen 3700 und knapp unter 4000 m (Gletscherhorn 3983 m), genug zu tun also.

Leider war schon bei der Anfahrt über Interlaken, Kandersteg, Goppenstein ins hinterste Lötschental zur Fafleralp (1767 m) klar, dass wahrscheinlich im Laufe der 4 Tage eine deftige Kaltfront reinziehen würde. Es war eben nur noch nicht klar, ob schon am Samstag oder erst am Sonntag, jedenfalls war Flexibilität bei der Tourenplanung gefragt.

Von der Fafleralp aus sieht man schon weit hinten im Tal die Lötschenlücke, und links davon auf einem Felsen, ganz klein, und man muss die Augen schon auf maximale Schärfe stellen, die Hollandiahütte. Das war schon furchteinflößend, wie weit weg die noch war. Und da wir erst gegen halb zwölf an der Fafleralp wegkamen, stand uns dafür quasi nur noch einer halber Tag zur Verfügung.

Also haben wir von Anfang an auf's Tempo gedrückt und waren schon nach knapp 2 Stunden an der Anenhütte (2358 m). Man kann diese auch umgehen und direkt hochsteigen und dabei gut 150 Hm sparen, wir wollten aber die Möglichkeit nutzen an diesem heißen Tag unsere Flüssigkeitsdepots innerhalb und außerhalb unserer Körper aufzufüllen. Ab der Anenhütte waren es dann noch ca. 30 Minuten zum Gletscher, wo wir die Gurte und Steigeisen anlegten. Zunächst geht es den aperen Gletscher steil hinauf über eine kurze Spaltenzone. Danach folgt man dem teils geröllbedeckten Gletscher immer möglichst weit rechts haltend, teils wieder absteigend, um den Seracs, die drohend über einem stehen, weitestgehend auszuweichen. Dass dies nicht immer gelingt zeigte sich beim Abstieg, dazu später mehr. Ab ca, 2700 m beginnt eine große Spaltenzone die man am besten links umgeht und da ab hier der Gletscher auf firnbedeckt war wurde nun angeseilt. Zügig ging es dann in die "Große Tola" auf gut 2800 m, die Hollandiahütte kam immer näher, schien zum Greifen nah, und doch noch so weit weg. Das Gelände steilt die letzten 400 Hm nochmals auf und so kamen wir alle nach insgesamt 6 Stunden nicht mehr ganz taufrisch, aber pünktlich zum Abendessen auf der Hütte an..

Die Hütte wurde als wir da waren sehr angenehm, freundlich und hilfsbereit von Katharina und dem Sherpa Muga geführt. Kochen konnten Sie auch noch gut, was will man mehr?

Den aktuellen Wetterbericht vielleicht und den bekamen wir auch. Leider sollte es schon ab Freitagabend schlecht werden, Samstag und Sonntag dann teils intensive Niederschläge und Gewitter. Kurzerhand wurde umgeplant. Die Konkordiahütte wurde abgesagt, dafür am Freitag die Überschreitung der Äbeni Fluh mit erneuter Übernachtung auf der Hollandiahütte geplant. Evtl. würde es auch noch das Mittaghorn reichen, was wir dann unterwegs entscheiden wollten.

Freitag gab es dann um halb sechs Frühstück, um halb sieben standen wir dann angeseilt auf den Steigeisen und gingen das erste Steilstück durch den Ausläufer des Eisbruchs direkt hinter der Hütte an. Alle waren relativ gut regeneriert vom Vortag nur Pitzi kämpfte etwas mit der Höhe, was Heriberts Pulsoximeter auch direkt bestätigte. 84 % Sauerstoffsättigung auf knapp 3300 m waren nur suboptimal. Zudem noch leichte Übelkeit, aber Pitzi wollte es trotzdem wagen.

Nach dem ersten Steilstück wurde der Gletscher flacher, dafür weich und sumpfig. Da es die Nacht nicht gefroren hatte war nun harte Spurarbeit angesagt und das nicht nur zum Gipfel hoch, sondern auch wieder runter. Wir entschieden uns die Südwestflanke und den Südgrat aufzusteigen und über den etwas steileren Westgrat wieder abzusteigen. Nach etwas mehr als 3,5 Stunden erreichten alle 4, also auch unsere höhenkranke Pitzi, den Gipfel. Die Aussicht dort ist phänomenal, Eiger, Mönch und Jungfrau, die Berner Prominenz, aber auch das Finsteraarhorn und das Aletschhorn mit seiner Nordwand zeigten sich bei (noch) bestem Wetter. Heribert baute flugs seine neuste Errungenschaft, sein Einbein-Stock-Stativ auf. Eine sehr wackelige Konstruktion, der Günther nur widerwillig seine neue Kamera anvertraute, aber, niemand hätte es geglaubt, alles hielt.

Nach einem ausgiebigen Photoshooting ging es über den Westgrat wieder runter. Der Gletscher war nun so weich, dass wir teils knietief einbrachen. Als es nach Erreichen unserer Aufstiegsspur auch nicht besser wurde, diskutierten wir das Mittagkorn nur sehr kurz: der Gletscher ist weich, sehr weich, aus der Ostwand des Mittaghorns polterten im Minuten-Rhythmus Steine und Eis, der Zustieg ins Anujoch war sehr steil und hatte einen offenen Schrund und der Wind ist im Vorfeld der Kaltfront sehr stark geworden. Alles in allem klare Kriterien, die einen direkten Abstieg zur Hütte ratsam erschienen ließen, zumal der bei dem weichen Gletscher deutlich länger dauern würde, als normal.

Gegen 14 h waren wir dann wieder auf der Hütte. Zeit genug zum chillen oder wie Heribert seinem neuen Objektiv alles abzuverlangen beim Porträtieren eines vorbei fliegenden Hubschrauberpiloten. Günther teste derweil seinen Polfilter in schwarzweiß, Pitzis Sauerstoffsättigung stieg wieder an, was will man mehr?

Essen zum Bespiel! Und da nun nur noch 6 Leute auf der Hütte waren gab es davon mehr als genug. Wir schlugen uns also die Bäuche voll, während die Kaltfront mit Regen und Sturm und dem einen oder anderen Donnerschlag auf sich aufmerksam machte.

Die Nacht war eher unruhig, v.a. beim Gedanken an den Abstieg.

Nach kurzem Frühstück stützten wir uns dann in die Kaltfront, die anfangs nur drohend vom Tal hoch schaute. Nach 1 Stunde regnete es dann aber und als wir die Seraczone erreichten krachte promt ein Eisturm runter und zeigte uns deutlich, wie gut es ist hier respektvoll Abstand zu halten. Die Anenhütte ereichten wir dann halbnass, aber immerhin schaffte es jeder sich dort den Kaffee zu bestellen, den er auch möchte ;)

Die letzten 1,5 h Abstieg von der Anenhütte schüttete es dann aber aus Kübeln, Gore und Co. Wurden voll gefordert!

Obwohl wir einen Tag früher abbrechen musste hatten wir eine herrliche Tour in den Berner Alpen, die uns sicher nicht zum letzten Mal gesehen haben.


Kai's Bildergeschichte (PDF 2.4 MB)

Text: Kai Schroeder
Bildergeschichte: Kai Schroeder